Am 16. November fand das dritte Forum des Jahres unter dem Titel „Endlich in Pension… und jetzt?!“ statt.
Früher oder später betrifft sie uns alle. Viele freuen sich darauf, die Erwerbsarbeit hinter sich zu lassen und für andere wiederum bedeutet der Pensionsantritt und die Ausscheidung aus der Berufswelt eine negative Konnotation. Fakt ist, dass mit Antritt der Pension viele Veränderungen im Alltag einhergehen. Tägliche Routinen, Gewohnheiten, soziale Kontakte und finanzielle Ressourcen stehen im Zeichen des Umbruchs und so kann es auch zu vielen unerwarteten Überraschungen kommen.
Um Überraschungen vorzubeugen, Altersbilder neu zu denken und auch Themen wie Finanzen, Gesundheit, Zeit und Vorsorge in der Pension zu beleuchten, wurden Vortragende zu den verschiedenen Themenschwerpunkte rund um die Pension eingeladen.
So präsentierte nach der Begrüßung von SMZ Mitarbeiterin Lisa-Maria Schatz im Namen des gesamten Teams Mag. Anna Kainradl, MA vom CIRAC-Institut der Uni Graz Altersbilder in unserer Gesellschaft. Im interaktiven Setting wurden dabei unter anderem Diskussionsfragen wie folgt aufgegriffen:
- Wie alt sind die ältesten Menschen, die sie persönlich kennen?
- Kümmern Sie sich derzeit um Menschen, die Pflege brauchen oder in ihrer Mobilität eingeschränkt sind?
- Wie schwierig ist altern?
Aus den Wortmeldungen ergab sich:
Alt sein ist Ansichtssache und Altern beginnt bereits mit der Geburt.
Altersbilder in der Gesellschaft jedoch werden oftmals als homogene Gesellschafts-, Risikogruppe oder als apokalyptische Metaphern im gesellschaftspolitischen Kontext dargestellt. Das zeigt sich auch im Sorgebedarf im Lebensverlauf älterer Menschen. Tatsächlich jedoch benötigen wir in unserem gesamten Lebenslauf ein Sorgenetz, auf das wir in speziellen Lebenslagen zurückgreifen können. Mit Antritt der Pension bleibt das Leben nicht still. Zwar verändern sich gewohnte Routinen, werden aber neue aufgegriffen. Wir erleben Generationen, Alter und Pflege vor dem Hintergrund von kollektiven Vorstellungen leben im ständigen dualistischen Denken. Wir sind jung und dann alt. Diese gesellschaftliche Anschauung jedoch erscheint obsolet. Menschen sind so alt wie sie sich fühlen und genauso sollten wir Altersbilder neu denken und Menschen, egal welchen Alters in der Mitte der Gesellschaft leben lassen.
Im Anschluss dazu referierte Dipl. Jur. Ann-Kathrin Ruf, MA von der Volkshilfe über Altersarmut im Kontext der häuslichen Pflege und Betreuung. Demnach sind 15 Prozent aller Personen über 65 Jahre von Armut und Ausgrenzung betroffen. Mit einer 41-prozentigen Differenz zur Durchschnittspension der Männer, sind Frauen aufgrund von Care-Arbeit und potenziell damit einhergehende Lücken im Lebenslauf, prekären Arbeitssituationen und/oder Teilzeitbeschäftigung weitaus stärker betroffen als Männer. Zusätzlich zum ohnehin geringeren Einkommen, steht das Einkommen in ständiger Wechselwirkung mit der Gesundheit. Demnach steigen Arzt- und Medikamentenkosten durch gesundheitliche Einschränkungen an. Durch die hohen Gesundheitsausgaben werden in den Bereichen Wohnen und Ernährung finanzielle Einsparungen getroffen. Dies wiederum wirkt sich etwa in Form von Mangelernährung auf die Gesundheit aus. Hinzu kommen soziale Exklusion durch Mobilitätseinschränkungen, sozialer Abstieg durch den Wegfall von identitätsstiftenden Lebensbereichen und ein gesellschaftliches Stigma der „Hilfsbedürftigen“.
Als Maßnahmen zur Entlastung von Betroffenen sollte eine Verbesserung sozialer Teilhabemöglichkeiten, ein niederschwelliger Informationsfluss über Ansprüche und Unterstützungsangebote, die Anpassung von Armutskonzepte und eine stärkere Sensibilisierung vonseiten der Gesellschaft stattfinden.
Nach einer Kurzen Pause begann der zweite Teil des Forums mit einem Vortrag von Dr. Gustav Mittelbach.
In seinem Vortrag wurde die Negativspirale, zwischen Alter, Armut und Krankheit verdeutlicht.
Mit „Altern im Gespräch“ schloss das Forum schließlich ab. Dabei interviewte SMZ Sozialarbeiter Patrick Mitterhuemer, BA BA zwei Menschen in Pension über ihr Erlebtes aus den verschiedenen Lebensbereiche. Demnach verändert sich mit Antritt der Pension vieles und es ist wichtig, sich bereits in den Jahren der Erwerbstätigkeit ein soziales Netzwerk sowie Hobbies und Interessen aufzubauen, um einen „Pensionsschock“ bereits präventiv vermeiden zu können. Weiters stellt die zunehmende Digitalisierung Menschen in Rente vor großen Herausforderungen dar. Sie müssen sich viel mehr auf das Know-How der Jüngeren verlassen und brauchen viel mehr Zeit sich die digitalen Anforderungen, ob etwa im Bankwesen, bei Behördenwegen oder auch in der Kommunikation anzueignen. Weiters, so ein Interviewpartner, erleben Männer den Umbruch von der Erwerbstätigkeit hin zur Pension noch einmal anders. Durch das gesellschaftliche hegemoniale Männlichkeitsbild, erscheint es aus seiner Sicht viel schwieriger Anschluss zu finden und sich Gefühle und Emotionen wie Einsamkeit und Depression einzugestehen und erst recht darüber zu sprechen und Hilfe anzunehmen.
Zwischen den Präsentationen hatten Zuhörende die Möglichkeit, mit den Expertinnen und Experten zu diskutieren und Fragen stellen.
Ausklang der Veranstaltung fand in entspannter Atmosphäre bei Buffet statt.
Zu den Vortragenden:
Mag. Anna Kainradl, MA hat das Studium Philosophie, Pädagogik und Psychologie/Französisch sowie der Selbstständigen Religionspädagogik abgeschlossen und ist derzeit Doktorandin im Bereich Public Care am Institut für Pastoraltheologie und Pastoralpsychologie. In ihrer Dissertation behandelt sie den Zugang älterer MigrantInnen zum österreichischen Gesundheitswesen unter dem Blickwinkel zweier Gerechtigkeitstheorien. Sie unterrichtet seit 2009 in Lehraufträgen das Fach Medizinethik an der Medizinischen Universität Graz und arbeitet in Projekten im Bereich der Aging Studies („Die Bedeutung von Nicht-Wissen für ältere Menschen in der Wissensgesellschaft“ (2014–2017), „Gemeinsam Gesundheit gestalten – Regionale Entwicklung für altersgerechte Gesundheitsversorgung“ (2017–2020), „Who Cares? Alter(n) und Pflege gemeinsam neu denken“ (2018-2020)). Aktuell unterstützt sie die Koordination des Forschungsnetzwerks Heterogenität und Kohäsion und ist Mitarbeiterin im Projekt „App-solute Neuigkeiten“ am Center for Interdisciplinary Research on Aging and Care (CIRAC) der Universität Graz. (ageandcaregraz.at/de/mitglieder/forscherinnen/kainradl-anna-christina/)
Dipl-Jur. Ann-Kathrin Ruf, MA ist Juristin und Sozialwissenschaftlerin. Ihre Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte liegen in Medizin- und Pflegeethik; Genderaspekte von Medizin und Pflege und Pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz. Seit über einem Jahr ist sie Mitarbeiterin im Demenzhilfe-Projekt der Volkshilfe, das sich dafür einsetzt, Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen zu unterstützen und zu entlasten.
Dr. Gustav Mittelbach ist Allgemein- und Umweltmediziner und Psychotherapeut in der systemischen Familientherapie. Als Mitbegründer des SMZ Liebenaus liegen seine Schwerpunkte auf die medizinische Behandlung unter Berücksichtigung der Gesundheitsdeterminanten, sozial vulnerable Gruppen, Bürgerinitiativen, Stadtteil- und Gemeinwesenarbeit.
Patrick Mitterhuemer, BA, BA ist Kunsthistoriker und Sozialarbeiter. Seit Juli 2022 ist er bei uns im SMZ als Sozialarbeiter tätig.
Moderiert und organisiert wurde die Veranstaltung von SMZ Mitarbeiterin Lisa-Maria Schatz mit Unterstützung des SMZ-Teams.